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Montessori-Rhön-Saale – eine „galaktische“ Reise

Der Berg ruft! – viele Menschen werden sich bei diesem Satz an ein bayerisches Dance-Duo erinnern, das Mitte der 90er Jahre mit dem gleichnamigen Song die deutschen Hitparaden stürmte.

Ob viele Schülerinnen und Schüler einer zehnten Jahrgangsstufe die Band K2 im Jahr 2023 noch kennen, kann bezweifelt werden. Bewusst oder unterbewusst nahmen sich jedoch die sechs Mädchen, zehn Jungs und ihre drei betreuenden Lehrkräfte deren Songtitel zu Herzen, indem sie im Zuge ihrer Abschlussfahrt die Alpen überquerten.

Als sich die 19-köpfige Wandertruppe am 12. Juli um 05:30 Uhr am Neustädter Bahnhof versammelt, besteht ihr Reisegepäck nicht aus einem Koffer, der gepackt ist mit schicken Hosen, T-Shirts oder feschen Abendkleidern, die Teenager für normale Abschlussfahrten in Großstädten wie München, Hamburg oder Berlin dringend brauchen. Nein, die wenigen Passanten, die sich während den Morgenstunden zu dieser Uhrzeit am Bahngleis aufhalten, wundern sich eher über die großen, sperrigen Rucksäcke, die vielen Wanderstöcke oder die klobigen Bergschuhe, mit denen 16 Kids am Bahngleis stehen und auf einen Zug warten. Passend zur zweiminütigen Verspätung der deutschen Bahn, steigt die Klasse dann in die Regionalbahn, die sie bis nach Füssen transportieren soll. Nach einer kurzen Busfahrt soll dann die erste Wander-Etappe vom österreichischen Holzgau ins Madautal beginnen und dort in einem kleinen Berggasthof enden. Passend deshalb, da die „Alpenüberquerung“ fester Bestandteil der Schulausbildung an der Montessorischule Rhön-Saale ist, normalerweise jedes Jahr für Kids der achten Jahrgangsstufe angeboten wird und jedem Kind als unvergessliches Highlight ein Leben lang in Erinnerung bleibt. Da aufgrund der Corona Pandemie im Schuljahr 2020-21 keine Klassenfahrten stattfinden konnten, starten die heutigen Zehntklässler also ihre Alpenüberquerung strenggenommen nicht nur mit zwei Minuten, sondern sogar mit zwei Jahren Verspätung, denn die Klasse will auf dieses Erlebnis auf keinen Fall verzichten und die Alpenüberquerung anstelle ihrer Abschlussfahrt nachholen. Wanderexperte Michael Schleppe, der an diesem Tag zeitgleich bereits, wie gewohnt zu diesem Zeitpunkt des Jahres, mit der achten Jahrgangsstufe der Schule in den Alpen unterwegs ist, organisiert dieses schulische Projekt vom ersten Tag an. Bernhard Dünisch, Mitglied der Schulleitung und Fachbetreuer Englisch der Montessorischule, betreut die Alpenüberquerungen ebenfalls seit vielen Jahren zusammen mit Michael Schleppe. Da sich Herr Dünisch aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, bereit erklärt hatte, parallel zur achten Jahrgangsstufe in diesem Jahr eine Alpenüberquerung für die zehnte Klasse zu betreuen, war es der Schule also gelungen, in diesem Jahr sogar zwei Klassen in die Alpen zu schicken. Als der Zug kurz vor 06“00 Uhr Bad Neustadt verlässt, ist dem ein oder anderen Zehntklässler mit Sicherheit noch nicht bewusst, wie gut diese Entscheidung war und welche großartige Reise gerade beginnt. Eine Reise, die nicht nur geprägt ist von atemberaubenden Bergwelten und dem zum Teil noch mit Schnee oder Eis bedeckten Bergspitzen, Bergseen, Wasserfällen und seltenen Tieren, sondern auch von schweißtreibenden Aufstiegen oder kräftezehrenden Abstiegen, deren Erlebnisse nach jeder Etappe immer aufs Neue zu lustigen Hüttenabenden führen. Eindrücke und Erfahrungen lassen eine zehnte Klasse, die über viele Jahre hinweg bereits einen ausgeprägten Teamgeist und große Kameradschaft bewiesen hat, innerhalb einer Woche zu einer kleinen Familie werden. Klassenleiter Martin Oertel, neben Bernhard Dünsich ebenfalls betreuende Lehrkraft, kann Tag für Tag miterleben, wie seine Schülerinnen und Schüler sich bei schwierigen Etappen füreinander einsetzten, sich gegenseitig unterstützen, motivieren und helfen. Mit diesem Geist werden auch die über 1500 Meter hohen Berge wie das Flarsch- und Timmelsjoch oder der Venet-Berg, eine „Riese“ mit über 2500 Metern, zu keinen allzu großen Hindernissen. Mit den Wanderungen durch Südtirol in das kleine Städtchen Moos am fünften Tag und der letzten Wanderetappe von Moos nach St.Leonhard am sechsten Tag, sind die Alpen überquert und die letzten 20 Kilometer nach Meran werden mit dem Bus zurückgelegt. Ein und halb Tage stehen den Schülerinnen und Schülern von hier an zu ihrer freien Verfügung, die unterschiedlich genutzt werden. Die Meraner Therme oder die gemütlichen italienischen Cafés in der Innenstadt sind genauso beliebte Orte für die Freizeitgestaltung, wie die vielen kleinen Boutiquen und Läden. Am Abend des siebten Tages ist es daher nicht verwunderlich, dass die Jungs nun doch noch in schicken neuen Hosen oder T-Shirts und die Mädchen in feschen Abendkleidern zum gemeinsamen Abschlussessen erscheinen und eine wundervolle Woche Revue passieren lassen.  „Eines der Grundprinzipien von Maria Montessori ist es, Kindern nicht nur einzelne Kenntnisse über verschiedene Lernbereiche zu vermitteln, sondern sie von Anfang an den größeren Zusammenhang erkennen zu lassen,“ erklärt die Schulleiterin der Montessori-Rhön Saale, Janine Gutbier, die selbst als dritte Begleitperson ihre Abschlussklasse durch die Tour begleitet hatte.  Nicht ein Erzieher oder Lehrer vollendet demnach die Entwicklung und Reife des Erwachsenen, sondern ein Jugendlicher ist selbst „Erzieher seiner Persönlichkeit“. Die „Kosmische Erziehung“ bei der die allgemeingültigen Ordnungsgesetze im Universum eine entscheide Rolle spielen, sind für die Montessorididaktik sehr wichtig. Abschlussklassen erhalten daher an Montessorischulen stets den Kosenamen „Galaxie“. Als also am 19.Juli um 21“52 Uhr die Alpenüberquerung ihrer Abschlussklasse 2023 endgültig zu Ende geht, sind Frau Gutbier, Herr Dünsich und Herr Oertel sichtlich stolz auf ihre „Galaxie 10“ – dass diese Gruppe von Teenagern „galaktisch“ ist, wussten die drei aber schon lange zuvor.